Vom Winde verweht auf Sylt

März 2018

Was sich aus Plänkeleien unter Schwestern so ergeben kann… bei uns war es ein gemeinsamer Urlaub auf Sylt. Der erste gemeinsame Urlaub seit ca. 20 Jahren, ohne unsere Männer, nur mit Hund (meine Schwester) und Kamera (ich) – wer uns kennt, stellt sich die gleiche Frage wie unsere Mutter „ob das gut geht?“. Die Antwort vorweg genommen: Ja, es ging gut – wir hatten einen tollen Urlaub!

 

Am 10. März geht es mit einem 2tägigen Zwischenstopp in der Nähe von Nienburg los und am Abend des 12. März kommen wir an der Autoverladestation in Niebüll an. Bei der Fahrt mit dem blauen Sylter Autozug zieht der Wind durch die Ritzen des Land Rover Defenders meiner Schwester und draußen versperrt dicker Nebel die Sicht auf den Hindenburgdamm und die Landschaft. Angekommen auf der Insel gibt´s ein schnelles Fischbrötchen auf die Hand – muss ja auf der Insel sein – und dann ab in unsere Unterkünfte in Rantum.

Gummistiefel Wattwanderung Wattführung Rantum Sylt

13. März | Gut ausgeschlafen geht´s am Morgen zur Sansibar zum Brunch. Die liegt etwa 15 min Radfahren oder 1h Fußweg südlich von Rantum und ist DAS Strandlokal, wenn ich meinen Sylt-liebenden Kollegen glauben darf. Der Brunch ist unglaublich: wer da nicht fündig wird und hungrig vom Tisch aufsteht, ist selbst schuld.

 

Unsere weiteren Programmpunkte für den Tag sind eine Wattführung am Rantumer Hafen, mehr Erklärung als Führung/Wanderung aber sehr informativ, und später fahren wir nach Westerland, um uns einem charmant gemachten, unterhaltsamen Dia-Vortrag unter dem Titel „Sylt im Orkan“ anzuschauen – im Rückblick fast eine Vorbereitung auf den stürmischen Wind, der uns die nächsten Tage auf der Insel begleiten wird.


14. März | Meine Schwester und ihre Freundin samt den 3 Vierbeinern sind heute in ihrem Seminar für Mantrailing (Suchhundeausbildung), der eigentliche Grund für die Reise nach Sylt. Ich ziehe also alleine los. Mit dem Bus kommt man auf der Insel sehr gut rum, also nehme ich ohne weiteren Plan den Bus nach Kampen, entscheide mich beim Aussteigen spontan für die Brandungsseite und marschiere los in Richtung der Dünen. Das Wetter hält, es ist zwar sehr windig aber trocken.

Quermarkenfeuer Kampen / Sylt eyvoe

Mein Weg führt mich an diesem Tag an den Strand und weiter zum Quermarkenfeuer von Kampen, weiter zur Uwe Düne (mit 52m die höchste Erhebung von Sylt), oberhalb des Roten Kliffs entlang zurück zur Hauptstraße. Wenn ich schon mal da bin, verlängere ich meinen Spaziergang Richtung Wattseite und wandere einmal um den Leuchtturm von Kampen herum, um dann auf der Hauptstraße den Bus zurück zu nehmen.

 

Unseren Abend verbringen wir zu Dritt im Iismeer in Wenningstedt. Wir haben einen der Feuertische reserviert und das Stockbrot braten / Grillen am offenen Feuer direkt am Tisch ist echt ein Erlebnis.


Blick auf Rantum, in den Dünen, Sylt
"Rantum: Nur im Himmel kann es schöner sein."

15. März | Auch heute sind die beiden Mädels mit ihren Vierbeinern im Seminar. Zuerst ist Praxis in Rantum angesetzt, also gehe ich heute Vormittag mit, um für meine beiden Begleiterinnen ein paar Fotos bei der Arbeit zu machen. Dabei komme ich auch in Rantum, unser Ausgangspunkt auf Sylt, gut rum.

 

Inschrift auf einer Bank in den Dünen:

Rantum:

nur im Himmel kann es schöner sein.

Von einem Gast aus Franken/Vogtland, 1999

 

 

Australian Shepard im Wind am Strand von Hörnum / Sylt

Während die beiden sich am Nachmittag der Theorie widmen, nehme ich den Bus nach Hörnum, dem südlichen Zipfel der Insel. Da die beiden anderen schneller fertig sind als erwartet, treffen wir uns kaum dass ich mit dem Bus angekommen bin in Hörnum und erkunden den Ort gemeinsam. Viel gibt es nicht zu sehen. Für die Robbe Willi, die normalerweise hier im Hafen auf die Fischgaben der Touristen wartet, ist es noch zu kalt – auf dieses Highlight müssen wir leider verzichten.

 

 

Also geht´s an den Strand ohne zu wissen was uns dort erwartet: Wind, sehr viel Wind. Er wirbelt den feinen Sand auf, Sandböen entstehen und werden uns und den Hunden ins Gesicht geweht. Dabei ist der Strand an dieser Stelle sehr schön.

 

Die Weite, die an der Wasserkante platzierten Tetrapoden und der blaue Himmel vermitteln eine unglaubliche Ruhe. Trotz des „Sandsturms“ hat die 3er Aussiebande viel Spaß beim Toben und Rennen. Als uns der Sand zu viel wird, kehren wir um und verlegen den „Strandteil“ des Tages an den Strand von Rantum, bei dem wir hoffen, weniger Wind abzubekommen (tut auch den Augen der Hunde gar nicht gut). Der Tag klingt mit in netter Runde mit allen Teilnehmern des Seminars in den Tiroler Stuben in Rantum aus.

 


16. März | „Frei“-Tag, im wahrsten Sinne des Wortes – die Mädels haben heute kein Seminar und den Tag zur freien Verfügung. Demnach möchten sie so viel wie möglich von der Insel sehen, da sonst keine Zeit dafür bleibt. Morgens geht’s los erstmal Richtung Sylter Schokoladenmanufaktur, ein Paradies für Süßmäulchen. Nach einem Stopp in einem schicken „Hundelädchen“ fahren wir nach Keitum. Hier stehen die vermutlich schönsten Friesenhäuser überhaupt, was wir nach einem Spaziergang durch die Straßen des Dörfchens nur bestätigen können. Ordentlich vom Wind durchgepustet, packen wir die Hunde wieder ins Auto und fahren zur Kupferkanne nach Kampen für eine Mittagspause. Die Kupferkanne ist ein alter Bunker, der zum Café umgebaut wurde und so liebevoll eingerichtet – unbedingt einen Besuch wert.

Mittagspause in der Kupferkanne Kampen / Sylt

Gut gestärkt und aufgewärmt lassen wir die Autos am Campingplatz in Kampen stehen und brechen zu einem Spaziergang in die Dünen Richtung Rotem Kliff auf. Keiner von uns hat Lust auf die vielen Stufen, also bleiben wir oberhalb des Roten Kliffs und gehen die Runde um die Uwe Düne. Auf meine Frage, ob die beiden hoch möchten, kam nur „du warst oben und hast Fotos gemacht? Das reicht.“ ;-D

Zurück am Auto brechen wir jetzt weiter nach Norden auf. Den nächsten Stopp wollen wir am Ellenbogen einlegen, den nördlichsten Strand Deutschlands. Das Handy begrüßt uns, obwohl wir auf Sylt sind, in Dänemark. Die Grenze ist hier so nah, dass es sich automatisch in das Netz einwählt. Hier oben stehen Schafe gelassen auf der Straße oder in den Dünen. Die beiden Leuchttürme begrüßen die Besucher, die zum Befahren dieser Privatstraße mit 6€ zur Kasse gebeten werden (Fußgänger und Radfahrer sind kostenlos unterwegs).

Menschenleer - Ellenbogen, List / Sylt

Am Strand ist kein Mensch weit und breit zu sehen. Nur der Wind ist allgegenwärtig. Meinem Wunschmotiv, dem Leuchtturm List-Ost komme ich nicht so nahe wie ich wollte, der ist durch einen Zaun weit abgesperrt. Da der Wind immer mehr zunimmt und der kurze Weg am Strand für Mensch und Tier dadurch sehr anstrengend und unangenehm ist, entscheiden wir uns, diesen Stopp früher als gedacht zu beenden und fahren weiter nach List, wo wir erstmal die Sylter Eismanufaktur testen trotz -5°C….. brrrr, sehr kalt aber auch extrem lecker dieses Eis. 

 

Das Einkaufscenter in der alten Tonnenhalle gibt nicht so viel her, das Erlebniszentrum Naturgewalten macht grade schon zu, also entscheiden wir uns für ein Abendessen im Gosch am Hafen von List – die nördlichsten Fischbrötchen Deutschlands, sehr lecker J

 

 

Nach einem langen, windigen Tag an dem wir viel von der Insel gesehen haben geht´s dann nach Hause nach Rantum.


17. März | Heute bin ich wieder alleine unterwegs und auf meinem Plan steht die Lügenbrücke zwischen Munkmarsch und Keitum sowie die St. Severin Kirche in Keitum. Mit dem Bus kommt man gut bis Munkmarsch. Ausgestiegen weht mir ein sehr kräftiger Wind entgegen. Der Wetterbericht gibt für heute Wind bis 65km/h mit Böen bis 100km/h aus. Das ist nicht ganz so angenehm, wenn ich an den Sand am Strand denke aber an der Bushaltestelle 1,5h auf den nächsten Bus warten, ist keine Option. Also Schal übers Gesicht, Mütze in die Stirn ziehen und los geht´s den Strandweg entlang von Munkmarsch südwärts nach Keitum. Auf halbem Weg kommt man zur Lügenbrücke – ich könnte hier stundenlang Fotos machen wenn nur der Wind nicht wäre. 

Lügenbrücke zwischen Munkmarsch und Keitum am Watt, Sylt

Vorbei an großen Schwärmen rastender Zugvogel im Watt gehe ich weiter Richtung Keitum und komme direkt bei der Kirche St. Severin raus. Diese ist leider grade geschlossen aber auch von außen ist sie einen Abstecher wert. Von hier aus spaziere ich erneut durch die Keitumer Straßen zur Bushaltestelle.

 

 

 

Nächstes Ziel: ein nettes Café in Westerland verbunden mit einem Bummel durch die Einkaufsstraßen. Im Café Wien, zu dem auch ein Laden der Sylter Schokoladen Manufaktur gehört, habe ich Glück und findet trotz großem Andrang einen Platz zum Pause machen und aufwärmen.

Kurpromenade Westerland, Sylt

Einkäufe in der Unterkunft abladen und erneut in die Stadt reinfahren ist mit dem Tagesticket gar kein Problem. Wieder zurück in Westerland gehe ich zum Strand. Ich möchte Fotos machen und spaziere auf der Suche nach dem richtigen Motiv am Wasser entlang.

Die beiden Mädels sind heute sowieso den ganzen Tag „suchen“ in Westerland und so treffen wir uns an der Himmelsleiter, einer der Strandübergänge in der Nähe des Sylter Aquariums, und fahren dann zu einem gemütlichen Abend mit gemeinsamem Kochen zurück nach Rantum.


18. März | Der letzte Tag auf Sylt bricht an. Die Sonne scheint, der Wind scheint etwas nachgelassen zu haben. Die beiden anderen sind bei ihrem Seminar und ich nehme den Bus nach Wennigstedt. Dort gibt es ein Hügelgrab, das ich mir anschauen möchte. Am Dorfteich und der Friesenkapelle vorbei komme ich beim Denkhoog, dem Hügelgrab, an und muss feststellen, dass es von November bis März wegen Winterpause geschlossen hat. Somit sehe ich nur einen langsam grün werdenden Hügel mit Fenster. 

Wenn ich aber schon mal hier bin, gehe ich Richtung Strand. In der Ferne sieht man die Bausünden Westerlands. In diese Richtung spaziere ich am Strand entlang. Das sind ca. 3km, die Sonne scheint und immer mehr Menschen haben die gleiche Idee wie ich und gehen am Strand spazieren. Mit Blick auf die Nordsee lege ich in einem Strandbistro eine Pause ein bevor ich auf den typischen Holzwegen weiter nach Westerland laufe. Hier habe ich noch 2 Punkte auf meiner Liste für heute: ich möchte an der Ruhestätte für Heimatlose vorbei und das Sylt-Zeichen samt Schildkröten am Aquarium fotografieren.

Die Ruhestätte für Heimatlose liegt auf dem Weg zum Aquarium und ist ein kleiner Friedhof für Ertrunkene. Für ca. 60 Jahre wurden hier die angespülten Körper bestattet. Heute stehen hier ca. 50 schlichte Kreuze mit dem Strand und dem Datum des Fundes sowie ein Gedenkstein. Kein Muss, aber ich mag Friedhöfe und das Bewusstsein, das sie bei mir bewirken, dass unsere Zeit begrenzt ist und wir diese nicht ungenutzt verstreichen lassen sollten.

Die Fotos am Sylter Aquarium sind auch schnell gemacht und da noch so viel Tag übrig ist, entscheide ich mich, für einen Aperitif in der Sansibar samt von meiner Kollegin zu recht empfohlenen Kaiserschmarrn. In der Sonne sitzend in eine Decke eingekuschelt genieße ich die letzten Stunden auf der Insel. Noch ein paar Fotos am Strand im Abendlicht und dann geht´s zurück Richtung Rantum. 

 

Meine Schwester ist zum Strand unterwegs und ich nehme den gleichen Weg. Wir haben Glück mit unserem letzten Abend: kaum Wind und keine Wolken vor der sich rot färbenden Abendsonne. Mit dem Bilderbuchhund Lina (linkes Bild), dem Australian Shepherd meiner Schwester, könnte man stundenlang fotografieren. Das macht so einen Spaß. Später kommen auch der Rest unserer kleinen Reisegruppe, unsere Bekannte mit ihren beiden Mini-/Aussies, dazu. Auch diese beiden Hübschen versuchen wir zu tollen Bildern im Sonnenuntergang zu überreden und mit viel Geduld schaffen wir das auch.

Völlig geschafft aber glücklich von einem langen, schönen Tag lassen wir unseren Urlaub mit gutem Essen in den Tiroler Stuben in Rantum ausklingen bevor es am nächsten Morgen zurück nach Hause geht.


Obwohl ich mir anfangs ein bisschen schwer getan habe, der Insel etwas abzugewinnen, hat mir die Insel rückblickend sehr gut gefallen. Sie hat etwas Entschleunigendes, Ausgleichendes. Ich glaube, ich kam schon lange nicht mehr so erholt aus dem Urlaub und dabei waren es nur ein paar Tage. Ein bisschen kann ich nun auch die „Sychtigen“ verstehen, die seit vielen Jahren jedes Jahr mindestens einmal dort ihren Urlaub verbringen. Auch wenn´s nicht Italien ist 😉 steht auf meinem Reiseplan "Auf Wiedersehen, Sylt!".